Die Zwillinge
zeigen ihr preisgekröntes Erfolgsprogramm ein allerletztes Mal und das im Toggenburg.
Anwohner stellen Forderungen für den Betrieb der Asylunterkunft im Auboden.
Das Interesse an der Infoveranstaltung zum neuen Flüchtlingszentrum Auboden im Neckertal war gross. An die 600 Menschen waren der Einladung des Trägervereins Integrationsprojekte St.Gallen gefolgt.
St.Peterzell Prall gefüllt war die Mehrzweckhalle in St.Peterzell in der vergangenen Woche. Zahlreich waren sie erschienen, die Neckertaler, um zu erfahren, was der Trägerverein Integrationsprojekte St.Gallen (Tisg) in ihrer Gemeinde vorhat. Und schnell war klar, die Pläne kommen nicht gut an. Wenige Tage zuvor gab der Verein bekannt, dass er die Liegenschaft «Wirkstatt Auboden»in Brunnadern für sechs Million Franken erworben hat und das Seminarzentrum zu einer Flüchtlingsunterkunft umfunktionieren wird. Ab Dezember sollen die ersten 50 Personen einziehen, bis zu 150 können später untergebracht werden. Dazu soll das Wohncontainer-Provisorium genutzt werden, das während des Neubaus des Seniorenzentrums Wier in Ebnat-Kappel als Unterkunft diente und anschliessend vom Tisg gekauft wurde. Ein Baugesuch für die Errichtung im Auboden sei bereits eingereicht worden.
Seit 2016 erfüllt der Tisg mit seinen 240 Mitarbeitenden, im Auftrag aller 75 St.Galler Gemeinden, Aufgaben im Bereich der Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen, erklärt Vereinspräsident Patrik Müller den Anwesenden. Auf die Zuteilung habe man keinen Einfluss, die Betroffenen werden den Kantonen zugewiesen und anschliessend auf die Gemeinden verteilt. Der Auboden ist das dritte Flüchtlingszentrum, das der Verein im Toggenburg eröffnet – und nach dem Integrationszentrum Seeben in Nesslau, das zweite in eigenem Besitz. Kaufen sei günstiger als mieten, erklärt Tisg-Geschäftsführerin Claudia Nef, man habe die Pflicht, sorgsam mit Steuergeldern umzugehen. Ab Dezember sollen die ersten Bewohner einziehen, 50 Ukrainerinnen und Ukrainer, die derzeit im Flüchtlingszentrum Marienburg in Thal untergebracht sind. Nef betonte, dass es in den fünf Jahren ihrer Leitungstätigkeit zu keinen besonderen Vorfällen in den Tisg-Zentren gekommen ist. Sie sicherte eine 24-stündige Betreuung an sieben Tagen in der Woche zu, erklärte aber, dass es sich nicht um ein Gefängnis handle.
Gemeindepräsident Christian Gertsch erwiderte auf die Kritik an der öffentlichen Information, dass man als Gemeinde nicht in der Pflicht war zu kommunizieren. Der Verkauf der Liegenschaft Auboden sei von privater Hand und zonenkonform erfolgt. Er sehe darin auch eine gute Lösung fürs Neckertal, das verpflichtet sei, 50 Asylbewerber aufzunehmen. Momentan erfülle man diesen Auftrag mit 20 Aufgenommenen nicht. Mit der Unterbringung von Flüchtlingen im Auboden wäre das Kontingent erfüllt. Dazu käme, dass der Schulbetrieb innerhalb des Zentrums erfolgt und damit die Bildungseinrichtungen in den Dörfern und die Gemeindefinanzen deutlich entlastet werden. Gertsch erwartet vom Tisg einen geordneten und sicheren Betrieb sowie die Berücksichtigung des lokalen Gewerbes und der ansässigen Firmen bei der Bewirtschaftung.
In der anschliessenden Diskussion wurde recht schnell klar, dass man Verständnis für die Unterbringung von Asylbewerbern hat, aber es sollten nicht mehr als 40 bis 50 sein. Gegen die Konzentration von bis zu 150 Menschen im Auboden regte sich offener Widerstand. Direktbetroffene Anwohner brachten vor, dass sie ja fast nichts machen können gegen diesen Entscheid. Als IG Auboden haben sie ihre Forderungen vorgebracht. Unter anderem verlangten sie eine Mindestunterbringung von 40 Personen, davon mindestens 80 Prozent Frauen, Kinder oder Familien. Nächtliche Ausgangssperren, Beschränkungen für den Aufenthalt an Bushaltestellen, amtliches Betretungsverbot für Privatgrundstücke und die Erstattung von Kosten für allfällige Überwachungskameras sollen für ein friedliches Zusammenleben garantiert werden. Weitere Teilnehmende zeigen Verständnis und sicherten Unterstützung zu. SVP-Kantonsrat Bruno Schweizer aus Brunnadern kündigte an, Einsprache gegen das Projekt zu machen.
Eine Woche nach dem Infoanlass wurde der GemeindeverwaltungNeckertal von den Anwohnern ein offener Brief mit über 750 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern überreicht. In diesem wurden zwei Forderungen formuliert: Zum einen die Höchstbelegung des Flüchtlingszentrums Auboden mit 40 Personen und zum anderen die Verlegung des Tisg-Sitzes ins Neckertal. Das zweite Anliegen werde damit begründet, dass drei von fünf Flüchtlingszentren im Toggenburg liegen und keine in der Stadt St.Gallen, sich dort aber die Tisg-Verwaltung in einem Mietverhältnis befindet. Das sei höchst unsolidarisch, heisst es in dem Schreiben. Mit dem offenen Brief fordern die Bürger, dass der Gemeinderat Neckertal an der HV des Tisg am 23. Mai, die zwei Anträge einbringt, damit diese dort zur Abstimmung gelangen. ⋌hem
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