Die Zwillinge
die preisgekönten Comedians kommen nach Eschenbach und berichten, was sie mit dem Dorf…
Zu Hause fühlt man sich wohl und kann so leben, wie man möchte. Besonders in schweren Zeiten von Krankheit oder Unfall vermittelt die Umgebung der eigenen vier Wände Sicherheit. Diesem Umstand Rechnung tragen möchten die diplomierten Pflegefachfrauen Barbara Widmer und Priska Scherrer aus Nesslau. Sie haben ihre Jobs gekündigt und sich selbstständig gemacht.
Nesslau Es ist nachmittags. Eben kommt Barbara Widmer von einem Klienten. Sie wirkt entspannt und sie trifft sich in Nesslau mit Priska Scherrer. Sie möchten sich austauschen und die weitere Planung besprechen. Gemeinsam haben sie bei der Spitex gearbeitet, ihre Anstellung im Pflegebereich aus verschiedenen Gründen an den Nagel gehängt.Seit vier Monaten sind Widmer und Scherrer als freiberufliche Pflegefachfrauen im oberen Toggenburg tätig – gemeinsam nennen sie sich «Pfleg Dehei». Doch was hat sie dazu bewogen, den Schritt zu wagen?
Sowohl Scherrer als auch Widmer haben sich ihre Sporen im Bereich der Pflege längst abverdient und schon einiges erlebt. Während der gemeinsamen Arbeit reifte in ihnen der Wunsch nach etwas Eigenem. «Wir wollten im Bezug zum Klienten involviert sein und mehr Verantwortung übernehmen», sagt Barbara Widmer, die auch den betriebswirtschaftlichen Aspekt ins Spiel bringt. Für beide steht der ganzheitliche Pflegeprozess im Zentrum. «Als kleines Team können wir Wege verkürzen, das heisst die Interaktion mit Angehörigen, Ärzten und Klienten stärken», erklärt Priska Scherrer. Als grosses Plus sehen sie, dass in der Regel immer die gleiche Person für ihren Klienten da ist. Wenn man näher dabei sei, könne man eine bessere Beziehung aufbauen. Krankheiten, Fähigkeiten und Möglichkeiten, die Ältere noch haben, besser bearbeiten, sind sich beide einig.
Grundsätzlich haben Widmer und Scherrer für eine zu erbringende Leistung gleich viel Zeit wie öffentliche oder private Organisationen. Aber sie können selbst entscheiden, wie viele Klienten sie betreuen. «Man hätte auch bei der Spitex beispielsweise 20 Minuten für eine zu erledigende Aufgabe zugute. Die Einsätze sind aber so eng terminiert, dass man kaum genügend Zeit hat und schon zum Nächsten fahren muss», sagt Widmer. Es sei tendenziell so, dass die Spitex zu wenig Personal habe, um alles abzudecken. Dennoch stehe man in der Pflicht, was dann zu verkürzten Terminen führe, so Scherrer. Für die Medikamentenabgabe waren fünf Minuten eingeplant. Aber, was macht man, wenn ein Klient am Morgen weinend die Tür öffnet und Hilfe benötigt, die mehr Zeit in Anspruch nehmen würde?«Du möchtest helfen, kannst aber aufgrund des engen Zeitplans nicht.» Auch im Bereich der geforderten Flexibilität der Arbeitszeiten haben beide ihre Erfahrungen gemacht. Das Privatleben habe darunter gelitten. «Obwohl unsere Arbeit nicht mit einem zeitlich geregelten Job im Büro vergleichbar ist, wissen wir nun, wann wir Dienst haben», erklärt Barbara Widmer. Natürlich müssen auch sie in gewissem Masse flexibel bleiben. «Wir bekommen die Anfragen direkt und können dementsprechend unsere Einsätze gemeinsam planen.»
Die Tarife und das Leistungsangebot von «Pfleg Dehei» ist mit anderen ambulanten Pflegedienstleistern identisch und kantonal geregelt. Die einzige Ausnahme ist, dass sie keinen Hauswirtschaftsdienst anbieten. Für Scherrer und Widmer steht fest, dass die Nachfrage nach häuslicher Pflege zunehmen wird. Gerade in ländlichen Gebieten ist es wohl noch wichtiger, möglichst lange daheim bleiben zu können. «So wie es früher war, dass Familienangehörige die Pflege, soweit möglich, getragen haben, ist heute oftmals nicht mehr so», sagt Priska Scherrer. Die meisten seien berufstätig und haben die Kapazität nicht. «Wir bieten sieben Tage die Woche Unterstützung und können auch entlastend für Angehörige sein», erklärt Scherrer weiter. Ihre Geschäftspartnerin sieht noch einen weiteren Grund, weshalb die Betreuung zu Hause stetig zunimmt. Dies dürfte auch am Abrechnungssystem liegen. «Patienten würden heute früher aus dem Spital entlassen», so Widmer. Für die freiberuflichen Pflegefachfrauen ist der Start in die Selbstständigkeit geglückt und die Arbeit dürfte ihnen kaum ausgehen. «Wir freuen uns, für die Menschen da zu sein und sie in ihrem 'Dehei' zu unterstützen», sagt Barbara Widmer und macht sich auf den Weg zum nächsten Termin.
⋌Andreas Lehmann
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