Xaver Thoma
gibt nach 28 Jahren die Leitung der Jugendmusik in Gommiswald ab.
Die Benknerin Alisha Ferrari und ihr Border Collie Seen bilden ein eingespieltes Agility-Team. Mit Schnelligkeit, Präzision und blindem Vertrauen kämpfen sie um Hundertstelsekunden. Kürzlich hat sich das Duo für die Weltmeisterschaften in Schweden qualifiziert.
Benken «Agility» steht im Englischen für «Wendigkeit» und «Flinkheit». Wendig und flink ist Seen (sprich: Siin, englisch für «gesehen») im wahrsten Sinne des Wortes. Alisha Ferrari hebt ihre Hand über den Kopf, zeigt auf die Handfläche, Seen springt und berührt diese mit seiner Nase. Bei einer anderen Gelegenheit ruft Ferrari «hier» und Seen kommt wie der Blitz geschossen, schaut aufmerksam zu Ferrari hoch und wartet auf den nächsten Befehl. Seen ist ein Border Collie. Lange Zeit wurde diese Hunderasse ausschliesslich als Hütehund für Schafe auf den britischen Inseln gehalten. Von dort kommt auch die Hundesportart Agility, bei der der Hund einen aus mehreren Hindernissen bestehenden Parcours in einer festgelegten Reihenfolge und innerhalb einer gegebenen Zeit überwinden muss. Ferrari erklärt: «Man zeigt dem Hund mit Körpersprache und Hörzeichen den Weg, darf aber weder die Hindernisse noch den Hund anfassen.» Agility verlangt ein feines Zusammenspiel zwischen Mensch und Hund – und ist heute weltweit eine anerkannte Sportart.
Schon mit ihrer ersten Hündin, der heute zehnjährigen Lilly, einer ehemaligen Strassenhündin aus Rumänien, hat Ferrari Agility trainiert und an Turnieren teilgenommen. Die Benknerin sagt: «Am meisten fasziniert mich, wie eng Mensch und Hund beim Agility zusammenspielen müssen. Man wird richtig zu einem Team.» Als Lilly für den intensiven Sport langsam zu alt wurde, machte sich Ferrari auf die Suche nach einem Zweithund. Über Social Media ist sie auf eine Züchterin im tschechischen Karlík gestossen. «Es gab acht Welpen und etwa 70 Interessenten aus vielen verschiedenen Ländern», erinnert sich Ferrari. Der Grund dafür ist, dass der Stammbaum der Eltern in Bezug auf Agility vielversprechend war. «Ohne lange zu zögern, bin ich mit meinem Vater nach Tschechien geflogen, haben die Züchterin circa 30 Kilometer südwestlich von Prag besucht und uns ein Bild über
den Zuchtbetrieb gemacht.» Alles stimmte und Ferrari hat sich sofort in Seen verguckt: «Er war der grösste und robusteste von allen Welpen, ein Panzer. Das ist für Agility zwar nicht unbedingt ein Vorteil, aber zwischen uns hat es sofort gefunkt», lächelt sie. Als Seen acht Wochen alt war, machten Vater und Tochter sich ein zweites Mal auf den Weg nach Karlík und kamen mit dem jungen Energiebündel wieder nach Hause.
Heute ist Seen dreieinhalb Jahre alt und reist mit Frauchen fast jedes Wochenende an einen Wettbewerb in der Schweiz oder im nahen Ausland. «Wir haben schon bald mit ersten lockeren Trainingseinheiten begonnen – zuerst ganz spielerisch, denn bei Junghunden muss man noch sehr gelenkschonend vorgehen», sagt Ferrari. Nach «sitz!» und «platz!» wurden die Übungen immer schwieriger: «links!», «rechts!», dann über einen am Boden liegenden Stab springen, durch einen Tunnel kriechen, bis dann höhere Sprünge oder das Klettern über die Wippe geübt werden konnten. «Mit 15 Monaten beherrschte Seen praktisch alle Agility-Übungen», erzählt die 22-jährige gelernte Bäckerin-Konditorin stolz. Nun hiess es trainieren, trainieren und nochmals trainieren. Dafür reist das erfolgreiche Mensch-Hund-Team aus Benken jeden Dienstagabend nach Seon im Kanton Aargau, wo sie mit ihrem Trainer am Können schleifen. Und das sehr erfolgreich: Anfangs April haben sich Ferrari und Seen in Münsingen für die Weltmeisterschaften in Schweden qualifiziert. «Es war unglaublich und ich hätte niemals damit gerechnet», sagt Ferrari. «Nur die vier besten Teams dürfen an die WM und wir belegten den 4. Qualifikationsplatz!»
Natürlich sei sie vor jedem Wettkampf etwas nervös. «Da geht es einerseits darum, fehlerfrei durch den Parcours zu kommen und andererseits um die Zeit. Oft entscheiden wenige Hundertstelsekunden über Sieg und Niederlage.» Sie müsse aufpassen, dass sich ihre Nervosität nicht zu sehr auf Seen übertrage. Auch er werde im Wettkampf schneller, etwas ungestümer und schwieriger zu händeln. Im Mai finden in Frauenfeld die Qualifikationswettbewerbe für die Europameisterschaften in Portugal statt. Zeitlich würde es passen: Die Europameisterschaften im August als Hauptprobe für die Weltmeisterschaften im September – Das erfolgreiche Duo wird jede freie Minute fürs Training nutzen.
⋌Michel Bossart
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