Ralph Rütsche
freut sich über das besondere Label für den "Solino Plus" Bau.
Matthias Unseld zieht aus seinem Büro aus und geht in Pension.
Nach 21 Jahren – davon neun als Rektor – verlässt Matthias Unseld das Berufs- und Weiterbildungszentrum Toggenburg in Richtung Pension. Eine Zeit, geprägt durch einige Heraus- forderungen.
Wattwil Im Spätsommer 2003 stiess Matthias Unseld als Lehrer für den allgemeinbildenden Unterricht (ABU) zum Berufs- und Weiterbildungszentrum Toggenburg. «Mir war es immer ein persönliches Anliegen, die Lernenden zu befähigen, aktuelles einzuordnen und einen persönlichen Nutzen für die eigene Zukunft aus Informationen herauszufiltern», erklärt der vormalige Journalist und Redaktionsleiter einer regionalen Zeitung. «Der Austausch mit Jugendlichen im Klassenzimmer habe immer sehr geschätzt», sagt er. Deshalb unterrichtete er auch nach seiner Wahl zum Rektor jeweils eine Klasse. Im März 2015 übergab sein Vorgänger Fredy Huber den Führungsstab des BWZT an Matthias Unseld. Eine hohe Qualität im Kerngeschäft «Unterricht» war stets in seinem Fokus. Diese sei aber nicht allein in der Quote der erfolgreichen Abschlüsse messbar. «Lehren und Lernen hat mit Beziehung zu tun, mit Pädagogik, Emotionen, hohen Erwartungen der Eltern, unterschiedlicher betrieblicher Begleitung und vielen weiteren Einflussfaktoren», sagt er.
Mit 1200 Lernenden in der Grundbildung und zahlreichen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern in der Weiterbildung empfand Unseld das BWZ Toggenburg stets als familiär. «Es herrscht ein Klima von Respekt und Anstand.» Die Mensa habe sich zu einem Treffpunkt entwickelt. «Ich vergleiche sie gern mit einem Dorfplatz, wo ein reger Austausch zwischen Lernenden, Lehrpersonen und Mitarbeitenden stattfindet», sagt der scheidende Rektor. Aus seiner Sicht ist Wattwil ein idealer Standort für eine Berufsfachschule. Die Gemeinde ist für alle Anreisenden verkehrsgünstig gelegen, die Umgebung fernab städtischer Hektik, und es treffen Tradition und Moderne aufeinander. «Wo sonst laufen noch reich geschmückte Kühe zur Viehschau, vorbei an unserer Schule, wo gleichzeitig digital unterstützte Unterrichtssettings stattfinden», sagt Matthias Unseld.
Wer tagtäglich mit jungen Menschen zusammenarbeitet – und sie mit uns Älteren, was ja auch nicht immer einfach ist – der sei gefordert und manchmal auch herausgefordert, sagt Unseld über die Beziehung zu den Lernenden. Aber das halte jung. «In der Zeit der Berufslehre machen die Lernenden eine wichtige Persönlichkeitsentwicklung mit, vom Jugendlichen zum jungen Erwachsenen», erklärt er. Zu Beginn sei die Abhängigkeit gross, entsprechend viel Unterstützung sei notwendig. Am Ende seien sie selbstständige Berufsleute. «Sie meistern Krisen, ihr Durchhaltewillen wird gefördert. Gerade im letzten Semester, wenn die Perspektive zum Abschluss in greifbare Nähe rückt, machen sie noch einmal einen grossen Schritt», so der scheidende Rektor. Auch im Unterricht sei die Entwicklung enorm durch die Fortschritte der Digitalisierung in und nach der Zeit der Pandemie. Heute bringen die Lernenden ihre persönlichen Geräte mit, jeder bekommt ein Office 365. Engste digitale Begleiter der Lernenden sind nach wie vor ihre Smartphones – das Potenzial der Ablenkung ist gross. «Der Laptop hat die Funktion des Notizbuchs und des persönlichen Lehrmittels übernommen», sagt Matthias Unseld und führt dies mit einem Beispiel aus. Die Lernenden können in der Phase des eigenverantwortlichen Lernens digitale Lehrpfade absolvieren, die auf ihr erworbenes Wissen abgestimmt sind und die ihre Kompetenzen festigen sollen. Die Lehrperson begleitet und fördert die Lernenden individuell. Digitalisierung soll den Unterricht unterstützen – nicht mehr und nicht weniger. Matthias Unseld ist überzeugt: «Erfolgreicher Unterricht ist nach wie vor Beziehungsarbeit, und diese lässt sich nicht digitalisieren.»
Seine Zeit am BWZ Toggenburg sei in vielen Facetten faszinierend gewesen, zieht Unseld Bilanz. Er kann auf viele Leuchttürme zurückblicken. Seinem Team sei es zum Beispiel immer wieder gelungen, attraktive öffentliche Ausstellungen in verschiedenen Berufsabteilungen zu organisieren. Stolz ist er auch auf die Zusammenarbeit zwischen dem BWZ Toggenburg und dem Energietal Toggenburg mit der Gründung der Energieakademie Toggenburg. Diese Weiterbildungsstätte geniesst schweizweite Anerkennung im Bereich der erneuerbaren Energien. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen Schule, Ausbildungsbetrieben, Gewerbe- und Arbeitgeberverband, Gemeindevertretern und Kantonspolitiker sei es zudem gelungen, Wattwil als Bildungsstandort zu stärken.
«Das BWZ Toggenburg bekommt mit meinem Nachfolger einen ausgewiesenen Kenner der Berufsbildung», sagt Matthias Unseld über den neuen Rektor Felix Tschirky. Eine der Herausforderungen werde sein, die Frage «Wie lernen wir in Zukunft?» zu beantworten. «Die reine Wissensvermittlung wird in Frage gestellt, vermehrt sind Handlungskompetenzen gefordert. Die Lehrpersonen werden vom Wissensvermittler zum Lerncoach», erklärt Matthias Unseld. Es müsse ein Umgang mit der zunehmenden Digitalisierung und mit den neuen Technologien wie der künstlichen Intelligenz auch in gewerblichen wie handwerklichen Berufen gefunden werden. «Zudem: Niemand kennt die Struktur des Arbeitsmarktes von morgen.» Verschiedene Berufsbilder werden oder müssen sich verändern, wollen sie für die junge Generation attraktiv bleiben. Da stehe die ganze Gesellschaft in der Verantwortung.
Ein weiterer Leuchtturm ist das Projekt Campus Wattwil, das 2028 zusammen mit der Kantonsschule Wattwil entstehen soll. Der Standort Lichtensteig wird aufgelöst und alle Lernenden werden in Wattwil beschult. Matthias Unseld ist überzeugt, dass damit der richtige Schritt in die Zukunft gemacht wird. «Die Zusammenführung aller Lernenden in Wattwil eröffnet dem BWZ Toggenburg neue Perspektiven. Bezüglich Schulkultur wird davon das ganze BWZT profitieren können.» ⋌pd
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